A. Allgemeine Grundsätze

§ 1 Grundlagen

1) Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 6  i.V.m. § 138 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) beschlossene Richtlinie dient der Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln.

2) Den besonderen Belangen psychisch kranker, behinderter oder von Behinderung bedrohter sowie chronisch kranker Menschen ist bei der Versorgung mit Heilmitteln Rechnung zu tragen.

3) Die Richtlinie ist für die Träger des Gemeinsamen Bundesausschusses, deren Mitglieder und Mitgliedskassen, für die Versicherten, für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen (im Folgenden „Vertragsärztinnen“ und „Vertragsärzte“ genannt) sowie die weiteren Leistungserbringer verbindlich. Die Richtlinie gilt nicht für die Verordnung von Heilmitteln durch Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte.

4) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband wirken auf eine einheitliche Anwendung dieser Richtlinie und auf eine enge Zusammenarbeit zwischen der verordnenden Vertragsärztin oder dem verordnenden Vertragsarzt und der ausführenden Therapeutin oder dem ausführenden Therapeuten hin.

5) Die Abgabe von Heilmitteln ist Aufgabe der gemäß § 124 SGB V zugelassenen Leistungserbringer.

6) In den Verträgen nach § 125 SGB V wird der in dieser Richtlinie beschriebene Leistungsrahmen nicht überschritten.

7) Der GKV-Spitzenverband stellt die nach § 125 SGB V vereinbarten Preise der einzelnen Leistungspositionen in einem elektronisch verarbeitbaren Format bereit

8) Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowie Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, dass die Versicherten eigenverantwortlich durch gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an Vorsorge- und aktive Mitwirkung an Behandlungsmaßnahmen dazu beitragen, Krankheiten zu verhindern und deren Verlauf und Folgen zu mildern.

9) Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowie Krankenkassen haben die Versicherten darüber aufzuklären, welche Leistungen nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet und abgegeben werden können.

§ 1a Jährliche ICD-Anpassung

Der Unterausschuss Veranlasste Leistungen nimmt die durch die jährliche Aktualisierung der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information erforderlichen ICD Anpassungen in der Richtlinie vor, soweit gemäß 1. Kapitel § 4 Absatz 2 Satz 2 der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (VerfO) der Kerngehalt der Richtlinie nicht berührt wird.

§ 2 Heilmittel

1. Heilmittel sind persönlich zu erbringende medizinische Leistungen. Heilmittel sind

2. Die Richtlinie regelt die Verordnung von Heilmitteln im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Die Verordnung von kurortsspezifischen beziehungsweise ortsspezifischen Heilmitteln sowie Heilmitteln im Rahmen von Leistungen der medizinischen Vorsorge nach § 23 Absatz 2 und 4, § 24 SGB V und Rehabilitation nach §§ 40, 41 SGB V ist nicht Gegenstand dieser Richtlinie.

§ 2a Sonderregelung im Zusammenhang mit der COVID-19-Epidemie

1. Vor dem Hintergrund der Herausforderungen zur Bewältigung des epidemischen Ausbruchgeschehens aufgrund des SARS-CoV-2-Virus kann der Gemeinsame Bundesausschuss durch gesonderten Beschluss auf Grundlage von § 9 Absatz 2a seiner Geschäftsordnung (GO) folgende räumlich begrenzte und zeitlich befristete Ausnahmen von den Regelungen dieser Richtlinie zulassen, wenn sie in Abhängigkeit von der Art des Ausbruchgeschehens zur Eindämmung und Bewältigung der Infektionen oder zum Schutz der Einrichtungen der Krankenversorgung vor Überlastung notwendig und erforderlich sind:

  1. Erneute Verordnungen können auch nach telefonischer Anamnese ausgestellt und von der Vertragsärztin oder vom Vertragsarzt postalisch an die oder den Versicherten übermittelt werden, sofern bereits zuvor aufgrund der selben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung und Verordnung durch die verordnende Vertragsärztin oder den verordnenden Vertragsarzt erfolgt ist. Diese Regelung gilt nur für Verordnungen, die innerhalb der jeweiligen zeitlichen Befristung der Ausnahme ausgestellt werden. Diese Ausnahmeregelung gilt, sofern die Verordnung von einer Vertragsärztin oder einem Vertragsarzt mit Sitz in einem der jeweils durch gesonderten Ausnahmebeschluss auf Grundlage von § 9 Absatz 2a GO festgelegten Gebiete ausgestellt wurde oder sich der Wohnort der oder des Versicherten innerhalb eines dieser Gebiete befindet.
  2. Die Regelung nach § 16 Absatz 4, wonach Verordnungen ihre Gültigkeit verlieren, wenn die Behandlung länger als 14 Kalendertage unterbrochen wird, wird für den Zeitraum ausgesetzt, für den der regionale Ausnahmebeschluss auf Grundlage von § 9 Absatz 2a GO gilt. Nach dem Ende des Geltungszeitraums des regionalen Ausnahmebeschlusses beginnt die 14-Tage-Frist erneut.
  3. Sofern die Behandlungen aus therapeutischer Sicht auch im Rahmen einer telemedizinischen Leistung (Videobehandlung) stattfinden können, ist dies, in Abweichung zu den Regelungen in § 11 zum Ort der Leistungserbringung, unter Einsatz datenschutzkonformer Anwendungen und mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten für die nachfolgend aufgeführten Heilmittel möglich, sofern eine persönliche Leistungserbringung aufgrund der aktuellen Pandemielage nicht erfolgen kann und die Leistung insbesondere zur Vermeidung einer Verschlimmerung der Gesundheit erforderlich ist:
    • - Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie mit Ausnahme der Schlucktherapie,
    • - Ergotherapie,
    • - Physiotherapie für die Übungsbehandlung gemäß § 19 Absatz 3 Nummer 1a, für die allgemeine Krankengymnastik (KG und KG-Atemtherapie) gemäß § 19 Absatz 3 Nummer 3a sowie für die Krankengymnastik-Mukoviszidose gemäß § 19 Absatz 3 Nummer 3c,
    • - Ernährungstherapie.
    Diese Ausnahmeregelungen nach Nummer 2 und 3 gelten, sofern die Praxis der zugelassenen Heilmittelerbringerin oder des zugelassenen Heilmittelerbringers, in der die Heilmittelbehandlung erfolgt, in einem der jeweils durch gesonderten Ausnahmebeschluss auf Grundlage von § 9 Absatz 2a GO festgelegten Gebiete liegt oder sich der Wohnort der oder des Versicherten innerhalb eines dieser Gebiete befindet.

2. Wenn und solange der Deutsche Bundestag gemäß § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat, gilt die Regelung nach § 16a mit folgenden Maßgaben:

  1. Die 7-Kalendertage-Frist wird auf eine 14-Kalendertage-Frist sowie die 12 Kalendertage-Frist auf eine 21-Kalendertage-Frist erweitert.
  2. Die unmittelbare Erforderlichkeit kann sich auch aus dem Umstand einer Vermeidung des zusätzlichen Aufsuchens einer Arztpraxis ergeben.