Das GPR Gesundheits- und
Pflegezentrum Rüsselsheim besteht
aus den Teilbereichen GPR Klinikum
(577 Betten), der GPR
Seniorenresidenz „Haus am
Ostpark“ (185 Plätze) sowie dem
GPR Ambulanten Pflegeteam. Das GPR
Klinikum versorgt jährlich rund
27.000 stationäre und 75.000
ambulante Patienten. Damit leisten
wir einen bedeutenden Anteil zur
Sicherung der Lebensqualität in
der Region
Rüsselsheim/Main-Spitze. Wir
gelten als besonders frauen- und
familienfreundlicher Betrieb und
nehmen als Aka...
Pflegezentrum Rüsselsheim besteht
aus den Teilbereichen GPR Klinikum
(577 Betten), der GPR
Seniorenresidenz „Haus am
Ostpark“ (185 Plätze) sowie dem
GPR Ambulanten Pflegeteam. Das GPR
Klinikum versorgt jährlich rund
27.000 stationäre und 75.000
ambulante Patienten. Damit leisten
wir einen bedeutenden Anteil zur
Sicherung der Lebensqualität in
der Region
Rüsselsheim/Main-Spitze. Wir
gelten als besonders frauen- und
familienfreundlicher Betrieb und
nehmen als Aka...
„Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind“
Lizenz: CC-BY •Der Mythos sich zu befreien, indem ein Problem beim Namen benannt wird, ist über viele Kulturen verbreitet. So muss etwa der Name eines Dämons beim Exorzismus genannt werden, um ihn kontrollieren zu können. Bis in das alte China sind Abhandlungen über die Namen von Dämonen zu finden. Dieses Muster hat sich vermutlich aus einer realen Beobachtung in die Welt der Mythen geschlichen, denn wenn Menschen ihre Symptome nicht klar zuordnen können, sorgt dies schnell zu einem Gefühl von Kontrollverlust. Erhalten sie endlich einen Namen, also eine Diagnose, führt das oft zu einem Gefühl der Erleichterung – dem Rumpelstilzchen-Effekt.
Psychologische Diagnosen besonders erleichternd
„Lässt du Schlüssel und Portemonnaie im Kühlschrank liegen? Du könntest ADHS haben.“ Rund zwei Millionen Mal hörten sich Menschen das Lied „You Might Have ADHD“ der Holderness Familiy auf Tiktok an, eine halbe Million Mal auf YouTube. Die Neuro-Diversitäts-Bewegung in den sozialen Medien ist der Beleg dafür, dass Menschen nach klaren Bezeichnungen für ihr Verhalten suchen, was allerdings auch zu immer mehr Selbstdiagnosen führt. Nicht jeder, der sich hinter einem chaotischen Schreibtisch versteckt, hat ADHS. Und nicht jeder Ordnungsfanatiker ist im autistischen Spektrum unterwegs. Aber wahr ist auch, dass die seriösen Diagnosen dieser Erkrankungen jährlich ansteigen – auch weil sie öffentlich benannt werden, daher genauer hingeschaut wird und so die Dunkelziffer abnimmt. Die Betroffenen sind erfreut, denn auf einmal lassen sich ihre Verhaltensweisen erklären, die sie bisher immer in Schwierigkeiten gebracht haben.
Ein Name hilft also dabei, Symptome sich selbst und anderen gegenüber zu legitimieren. Das kann helfen, Akzeptanz zu steigern und Therapie anzunehmen. Allerdings birgt der Effekt auch Gefahren. Denn medizinische „Label“ können zu Stigmatisierung und zum Verlust der Selbstwirksamkeit führen, insbesondere in der muskuloskelettalen Medizin. Hier treffen häufig unseriöse Label auf seriöse Unsicherheiten, was im Vertrauensaufbau und der weiterführenden Therapie große Schwierigkeiten bereiten kann.
Sind alle Red Flags ausgeschlossen, ist ein Rückenschmerz „unspezifisch“. ExpertInnen können sich noch so vermeintlich sicher über potenzielle strukturelle Treiber wie Facettengelenke, ISG oder Muskulatur sein, es ist nicht seriös diese durch manuelle Testungen oder anhand einer Bildgebung zu benennen – und in der Regel für einen salutogenetischen Ansatz (mehr bewegen, so gut es geht) auch nicht entscheidend. Für Betroffene kann dies trotzdem sehr unbefriedigend sein.
Erhalten Menschen mit unspezifischen Rückenschmerzen dennoch ein spezifisches Label, kann es schnell passieren, dass das Rumpelstilzchen sich nicht in Wohlgefallen auflöst, sondern zu einem hartnäckigen Quälgeist avanciert. Die Suche nach der nun notwendigen Problemlösung (ein Handgriff oder gar eine Operation) führt schnell zu einem Verlust an Selbstwirksamkeit, Übermedikation und einer Chronifizierung von Rückenschmerzen.
Ist das relevant für die Praxis?
Erhalten PatientInnen eine Diagnose oder ein sogenanntes diagnostisches Label, verändert dies unmittelbar ihr Verhalten, was wiederum ihre Symptome verändern kann – sowohl ins Positive als auch ins Negative. Das bedeutet, dass bereits das Benennen einer Erkrankung oder eines Symptomkomplexes eine therapeutische Intervention darstellt. Daher sollten TherapeutInnen immer antizipieren, ob eine erwünschte positive Verhaltensänderung aus dem Rumpelstilzchen-Effekt resultiert – oder aber Rückzug und Chronifizierung. Bei Letzterem wäre es vielleicht doch besser, dass niemand weiß, wie das Rumpelstilzchen heißt.
Daniel Bombien / physio.de
PS:
Eine Anleitung zum gewissenhaften Umgang mit therapeutischen Labels finden Sie in unserem vorangegangenen Artikel zu diesem Thema.
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